Süssholz

Familie: Schmetterlingsblütler (Fabaceae)

Englischer Name: Sweet root, Liquorice root

 

Bedeutung für die Dermatologie

Süßholzwurzelextrakt und Glycyrrhetinsäure wirken entzündungshemmend, anti-oxidativ, juckreizstillend, anti-viral und anti-bakteriell.

 

In aller Kürze

Der Wurzelstock des Süßholzstrauchs enthält als wichtigsten Inhaltsstoff das süße Glycyrrhizin, das im Körper zu Glycyrrhetinsäure umgewandelt wird. Glycyrrhetinsäure hemmt die Umwandlung von körpereigenem Kortisol in das unwirksame Kortison und kann bei örtlicher Anwendung die entzündungshemmende Wirkung des körpereigenen Kortisols in der Haut lokal verstärken. Bei atopischer Haut (Neurodermitis) können Juckreiz, Schwellungen und Rötung deutlich verbessert werden. Außerdem wirkt Süßholz antiviral, z.B. gegen Herpesviren und antibakteriell z.B. gegen Staphylococcus aureus.

 

Wenn Sie’s noch nicht wussten…

Süßholz wurde von der Universität Würzburg und dem WWF 2012 zur Arzneipflanze des Jahres gewählt, aufgrund seiner Wirkungen gegen Magengeschwüre und Husten/Heiserkeit.

Die Tabakverordnung erlaubt den Zusatz von Süßholz, das auch zur Nikotinentwöhnung eingesetzt werden kann, zu Tabakprodukten.

Der wissenschaftliche Name des Süßholzes, Glycyrrhiza, bedeutet nichts anderes als „süße Wurzel“: von griechisch glykys = süß, und rhiza = Wurzel.

Bei zahnenden Kindern empfehlen manche Kinderärzte angeleinte Beißhölzer aus Süßholz.

Die Redewendung „Süßholz raspeln“ (jemandem in auffallender Weise schmeicheln) dürfte zwei Dinge zusammenführen: die Zerkleinerung der Süßholzwurzel mit einer Raspel bei der Lakritz-Herstellung, und die positive Wirkung bei rauer Stimme, die schon Hildegard von Bingen erwähnte. Genau weiß man es aber nicht.

 

Botanik, Droge und Inhaltsstoffe

Süßholz ist ein ca. 1 – 1,5 m hoher Strauch aus der Familie der Schmetterlingsblütler (Fabaceae); die gewöhnlich verwendete Art Glycyrrhiza glabra L. ist im Mittelmeergebiet und Westasien beheimatet. Kennzeichnend sind die gefiederten Blätter (ähnlich der Robinie) und die weiß-rosa bis cremefarbenen Schmetterlingsblüten (siehe Foto).

Die Süßholzdroge (Liquiritiae Radix) stammt heute zumeist aus kultiviertem Anbau. Aus den Wurzelausläufern wird durch Kochen und Eindicken der zähflüssige Süßholzsaft gewonnen; durch weitere Trocknung und Pressung kann der Extrakt zu Lakritz weiterverarbeitet werden.

Von den über 400 Inhaltsstoffen des Süßholzsaftes ist der wichtigste das mit etwa 10% enthaltene Glycyrrhizin, das etwa die 50-fache Süßkraft von Rohrzucker hat. Aus ihr entsteht durch bakterielle Zersetzung im Darm die pharmakologisch aktive Glycyrrhetinsäure (im chemischen Sinne ein Triterterpen-Saponin.

Daneben finden sich im Süßholzsaft weitere Triterpene, Flavonoide, Isoflavone, Aromastoffe und anti-bakteriell wirksame Substanzen.

 

Historisches

Die heutigen Gebiete für die innerliche Anwendung, nämlich Atemwegsentzündungen und Magengeschwüre, wurden entsprechend den jeweils zeitgemäßen Begriffen bereits im Altertum, Mittelalter und früher Neuzeit von namhaften Autoren genannt1.

Süßholz findet schon im Codex Hammurabi ca. 1800 v. Chr. als Mittel gegen Katarrhe der oberen Luftwege und in Ägypten im Papyrus Ebers (ca. 1500 v. Chr.) Erwähnung und war unter den Grabbeigaben des Tutanchamuns (130 v. Chr.). Nach Theophrastus (Über die Pflanzen, ca. 300 v. Chr.) konnten die Skythen mit Süßholzsaft und Käse aus Stutenmilch aufgrund der Wasser retinierenden Wirkung bei Wüstendurchquerungen bis zu 12 Tagen auskommen ohne zu trinken; auch Dioskurides (40-90 v. Chr.) bezeichnete Süßholzwurzel als Mittel gegen Durst. Im antiken China stand Süßholz auf einer Liste von 120 wertvollen Pflanzen, die das Leben verlängern und ungiftig sein sollten. Hildegard von Bingen erwähnt im 12. Jhd. positive Wirkungen auf Stimme, Magen und auf das seelische Befinden Geisteskranker. Leonhart Fuchs weist in seinem 1543 erschienenen Kräuterbuch dem Süßholz Heilwirkung bei Wunden, Geschwüren, Atemwegserkrankungen und Magen,- Nieren- und Blasenbeschwerden zu.

Den Einsatz von Süßholz als Zuckerersatz für Diabetiker erwähnt 1897 Fernie in „Herbal Simples“, eine Anwendung, die bei den stark von Diabetes betroffenen Ureinwohnern Nordamerikas heute noch üblich sein soll.

Für die moderne Medizin wurde die heilende Wirkung des Süßholzes bei Magengeschwüren 1946 zufällig von dem holländischen Apotheker Revers entdeckt, dessen magenkranke Patienten ihm nach der Einnahme eines hauptsächlich Süßholz enthaltenden Hustenmittels über ihre guten Erfahrungen berichteten1.

Die äußere Anwendung auf der Haut bei Wunden, Geschwüren und Feigwarzen wurde von dem griechischen Arzt Dioskurides (1. Jhd. n. Chr.) und dem Engländer Nicholas Culpeper (17. Jhd.) beschrieben.