Gelber Enzian

Familie: Enziangewächse (Gentianaceae)

Englischer Name: Gentian

Bedeutung für die Dermatologie:

Der Enzianextrakt aus dem Rhizom wirkt tonisierend, wundheilungsfördernd und schützt die Haut.

In aller Kürze

Enzian ist ein reines Amarum, d.h. eine Heilpflanze, deren Wirkung fast ausschließlich auf Bitterstoffen beruht. Der Enzian enthält unter anderem Amarogentin, den bittersten bekannten Naturstoff überhaupt. Wie andere Bitterstoffdrogen hat Enzian traditionell sein Anwendungsgebiet bei Verdauungsbeschwerden, bei denen anregende Wirkungen auf die Verdauungssäfte benötigt werden. In neuerer Zeit werden aber immer mehr Wirkungen des Enzians auf andere Organe bekannt, unter anderem die Atmungsorgane und die Blutgefäße. Bitterstoffrezeptorproteine wurden kürzlich auch auf Oberhautzellen (Keratinozyten) entdeckt, deren Ausreifung durch Bitterstoffe erhöht wird. Dies bestätigt auch die in manchen Ländern gebräuchliche Anwendung als Wundheilmittel und zeigt einen verbesserten Schutz für gesunde Haut an.

Wenn Sie’s noch nicht wussten…

Der wissenschaftliche Name des Enzians geht auf Genthium, den letzten König des antiken Illyrien zurück, der 168 v. Chr. in römische Gefangenschaft geriet (Illyrien entsprach in der Antike etwa dem Gebiet von Ex-Jugoslawien). König Genthium soll auf den Gelben Enzian als Heilpflanze geschworen haben.

Der in den Alpenländern beliebte bittere Enzianschnaps wird gewöhnlich aus dem Wurzelstock des Gelben Enzians hergestellt, nicht aus den bekannteren blaublühenden Arten, die nichtsdestotrotz meist auf den Flaschen oder Schnapsgläsern abgebildet sind.

Enzianschnaps wird nachweislich seit über 400 Jahren in Deutschland gebrannt.

Die meisten Enzianarten blühen blau, es gibt aber auch einige gelb und einige violett blühende Arten. Schwarz blüht der Enzian nur auf einem späten Album des Sängers Heino, der vorher jahrzehntelang die blaue Blütenfarbe besang.

Der im Enzian enthaltene Bitterstoff Amarogentin ist einer der bittersten Naturstoffe; man kann es in einer Verdünnung von 1:58 Mio noch deutlich schmecken. Den Weltrekord im Bitterschmecken hält jedoch Denatoniumbenzoat, das man über 100 Mio mal verdünnen kann, bevor es nicht mehr wahrnehmbar ist.

Botanik, Droge und Inhaltsstoffe

Enzianextrakte werden aus mehreren der weltweit 300 – 400 Enzian Arten gewonnen. Der Hauptlieferant ist jedoch der Gelbe Enzian, eine mehrjährige Staude der Mittel- und Südeuropäischen Gebirge. Die bis anderthalb Meter hohe Pflanze hat große, eiförmige, kreuzgegenständige Blätter mit bogig verlaufenden Nerven. Die gelben fünfzipfeligen Blüten wachsen von Juni bis August quirlig in mehreren Stockwerken aus den Blattachseln (siehe Foto).

Während Leonhart Fuchs in seinem Kräuterbuch von 1543 den Gelben Enzian noch als „sehr gemein in unserem Teutschen Land“ bezeichnet, ist er durch Sammlung und Biotopveränderungen heute selten geworden und steht unter Naturschutz. Für die kommerzielle Nutzung wird der Gelbe Enzian daher heute angebaut.

Zur Drogengewinnung wird das unterirdische Rhizom verwendet, das bis zu 7 kg schwer werden kann. Es ist außen braun und innen gelb gefärbt und riecht süßlich, obwohl es stark bitter schmeckt. Es wird sowohl zur Arznei- als auch zur Schnapsherstellung benutzt.

Die Droge enthält ca. 2-4% Bitterstoffe, unter denen Gentiopikrosid mit 2-3 % überwiegt, während Amarogentin nur zu etwa 0,05 % enthalten ist. Dazu kommen Phytosterine, Xanthonderivate und zahlreiche Zuckerarten wie die schwach bitter schmeckende Gentianose, und Polysaccharide wie Inulin.

Historisches

Bereits in der Antike wurde Enzian als Heilpflanze geschätzt, unter anderem empfahl ihn der römische Arzt Galen als Mittel gegen Gicht. Leonhart Fuchs (1543) ordnete dem Enzian die Eigenschaften „trocken“ und „warm“ zu, was man im weitesten Sinne mit austrocknend/ausleitend und durchblutungsfördernd interpretieren kann. Fuchs nennt als Anwendungen Bisse giftiger Tiere, Seitenstechen, Stürze mit Brüchen und inneren Verletzungen und tiefe Wunden, die um sich fressen. Bei letzteren kamen sicherlich die anti-bakteriellen Wirkungen des Enzians zum Tragen; man führte einen Stift aus Enzianwurzel in die Wunde ein, dessen Wirkung als „zerteylen, reynigen, seubern“ und hinwegnehmen von allerlei Verstopfung beschrieben wurde, einschließlich der Auflösung von Blutgerinnseln. Natürlich galt Enzian auch bei Leonhart Fuchs und anderen mittelalterlichen Autoritäten als gutes Mittel bei Magen- Darmbeschwerden, wie es einer Bitterstoffdroge (Amarum) zukommt.

Interessant ist, dass schon Leonhart Fuchs eine dermatologische Anwendung beschreibt, indem man Enziansaft auf „allerley ungestalt und befleckung“ streichen solle.